DIZIONARIO GENERALE PLURILINGUE
DEL LESSICO METALINGUISTICO



LemmaSprache
Categoria grammaticaleN
Linguatedesco
SiglaSchuchardt (1922)
TitoloHugo-Schuchardt-Brevier: Ein Vademecum der allgemeinen Sprachwissenschaft
Sinonimi 
RinviiFunktion (tedesco)
Individualsprache (tedesco)
Kontinuum (tedesco)
Mitteilung (tedesco)
Sprachmischung (tedesco) 
Traduzioni 
Citazioni

Die Vorstellung von der Sprache als von einem lebenden Wesen, das gemisshandelt wird […] ist eine durchaus unzutreffende. Wenn die Sprache als etwas ganz Festes uns von außen entgegenträte, dann würde das Spiel ein leichtes sein.
- Schuchardt (1922), Pag. 322

Allein die Sprache ist eine Tätigkeit, die wir vermittelst einer mehr oder weniger mangelhaften und widerspruchsvollen Überlieferung erlernen, die wir großenteils unbewusst, ohne Unterlass unseren Zwecken immer mehr anpassen und die sich nie des individuellen Gepräges entäußern kann.
- Schuchardt (1922), Pag. 322

Das Volkstum setzt sich aus sehr verschiedenen Überlieferungen zusammen, und von ihnen ist wiederum die Sprache die einzige nie fehlende, die ursprünglichste, natürlichste, die alle übrigen umschlingt, sie schützt und abschließt. Sie ist die Hülle, das Gefäß des Volkstums, aber nicht sein Abbild, sein Spiegel.
- Schuchardt (1922), Pag. 325

Die Verständlichkeit ist aber die Hauptbedingung für die Sprache, die ja ein Verständigungsmittel ist; das beste Deutsch werden wir in dem deutlichsten Deutsch sehen, wobei dieses Adjektiv im tiefsten und weitesten Sinne zu nehmen ist.
- Schuchardt (1922), Pag. 326

Für die sprachlichen Verschiedenheiten, ihrer Art, ihrem Umfang, ihrem Ursprung nach, bieten sich als beste Parallele die leiblichen Verschiedenheiten dar, die innerhalb des Menschengeschlechts bestehen; lassen sich aber zwischen diesen feste Trennungslinien ziehen? […] Aber auch diese Parallele kann keine völlig zutreffende sein, da die Sprache eine Funktion und kein Wesen ist.
- Schuchardt (1922), Pag. 85

In der Tat hat man es bisher geliebt, die Sprache als einen selbständigen Organismus zu betrachten, als ein Subjekt, während sie doch nur das Produkt eines Subjektes ist, nicht das einmalige, sondern das fortdauernde, das in allen seinen Veränderungen durchaus von ihm abhängende [...] Man darf aber nicht so weit gehen, die Sprache mit ihrem Subjekte gänzlich zu identifizieren.
- Schuchardt (1922), Pag. 128

So verändern sich die anorganischen Körper physisch oder chemisch; so die Organismen durch Zuchtwahl oder Kreuzung; so endlich die Sprachen durch die Einwirkung der sämtlichen zum Teil voneinander abhängenden Lebensumstände oder durch die Einmengung anderer Sprachen.
- Schuchardt (1922), Pag. 130

Mit mehr Recht als Max Müller gesagt hat: "es gibt keine Mischsprache", werden wir sagen können: "es gibt keine völlig ungemischte Sprache".
- Schuchardt (1922), Pag. 131

Denken wir uns die Sprache in ihrer Einheit als ein Gewässer mit glattem Spiegel; in Bewegung gesetzt wird dasselbe dadurch, dass an verschiedenen Stellen desselben sich Wellencentra bilden, deren Systeme, je nach der Intensivität der treibenden Kraft von größerem oder geringerem Umfange, sich durchkreuzen.
- Schuchardt (1922), Pag. 143

Von außen gesehen, bot uns eine Sprache nicht das Bild einer abgeschlossenen Einheit dar; nun zeigt sie sich auch ihrem innern Bau nach nicht als eine solche, sondern als eine Zusammensetzung aus Tatsachen, die zwar miteinander in mehr oder minder festem Verband stehen, aber doch nicht in unlösbarem – sonst wäre ja Mischung unmöglich.
- Schuchardt (1922), Pag. 173

Eine Sprache ist keine einstoffige Masse, aus der eine Stichprobe genügte; sie ist kein Organismus […] aber die Einheitlichkeit ihres Gebrauchs tauscht uns die Einheitlichkeit ihrer Entstehung vor.
- Schuchardt (1922), Pag. 173

Die Sprache ist kein Ding, sie ist eine menschliche Betätigung […].
- Schuchardt (1922), Pag. 180

Die Erkenntnis, dass die Sprache eine Tätigkeit ist, genügt, um sie geeigneter für genealogische Darstellung zu erachten als irgendwelche andere Tätigkeit.
- Schuchardt (1922), Pag. 181

[...] und dabei ist wiederum die Mehrdeutigkeit des Wortes "Sprache" zu berücksichtigen. Wenn wir dieses im weitesten Sinne nehmen, also nicht bloß die Gebärdensprache, sondern auch die Tiersprache einbegreifen, so geraten wir allerdings in Widerstreit mit der [...] Festsetzung, dass der Ursprung des Menschen mit dem Ursprung der Sprache zusammenfalle. Allein da ist "Sprache" in einem engeren Sinne gemeint, nämlich dem Denken gleichgesetzt, und wenn wir uns zunächst dieser Begrenzung anpassen, so werden wir das eigentliche Wesen der Sprache in der Mitteilung finden und dann zur Erkenntnis kommen, dass es Mitteilung nicht nur von Gedachtem, sondern ebenso von Gefühltem und Gewolltem gibt, ohne dass das zugleich Gedachtes wäre.
- Schuchardt (1922), Pag. 207

Jetzt und seit lange sage ich: aus der Not geboren, gipfelt die Sprache in der Kunst.
- Schuchardt (1922), Pag. 211

Nicht in einer starren und stummen Welt, nur in einer schwingenden und klingenden war die Entstehung der Sprache möglich [...].
- Schuchardt (1922), Pag. 229

Wenn hinter dem Worte die Sache, hinter dem Satze die Tatsache liegt, so darf man fragen: liegt nicht hinter der Sprache die Wirklichkeit? Wir werden das bejahen, aber hinzusetzen: wie zwischen der Sache und dem Worte die Vorstellung und zwischen der Tatsache und dem Satze der Gedanke liegt, so zwischen der Wirklichkeit und der Sprache die Weltanschauung.
- Schuchardt (1922), Pag. 240

Von einer unmittelbaren und getreuen Widerspiegelung der wirklichen Dinge und Vorgänge in der Sprache kann keine Rede sein.
- Schuchardt (1922), Pag. 240

Mögen die Sprachen untereinander geschichtlich verwandt sein oder nicht verwandt sein, sie stellen nur Variationen des gleichen Stoffes dar, von denen keine unentbehrlich ist, aber auch keine unwichtig für die Vervollkommung unserer Arbeitsweisen und die Gewinnung eines Gesamtbildes.
- Schuchardt (1922), Pag. 252

Die Sprache bildet eine Einheit, ein Kontinuum. Nicht dass sie als solche wahrnehmbar wäre, sie ist als solche zu denken; zwischen allem bestehen Übergänge, müssen oder dürfen angenommen werden. In der Sprache lassen sich keine festen Scheidewände erkennen; ihre verschiedenen Gestaltungen verhalten sich zueinander wie Mundarten.
- Schuchardt (1922), Pag. 254

Ruhe und Bewegung (diese im weitesten Sinn genommen) bilden wie überhaupt so bei der Sprache keinen Gegensatz; nur die Bewegung ist wirklich, nur die Ruhe ist wahrnehmbar. Dieser entspricht die photographische Augenblicksaufnahme, jener eine Aufeinanderfolge solcher wie sie von der Kinodarstellung erheischt wird.
- Schuchardt (1922), Pag. 266

Saussure hat Recht zu sagen:"alles ist psychologisch in der Sprache " …Diese Sprache selbst besteht in einem ewigen Geschehen; jedes einzelne Wort ist nichts anderes als die Gesamtheit unzählbarer Wiederholungen eines Vorgangs in unzählbaren Individuen, und so kann die Wissenschaft von ihr sich nicht auf Ruhendes beziehen.
- Schuchardt (1922), Pag. 266

Man darf die Sprache nicht als eine Folge der Blutmischung ansehen; ich habe mich schon längst gegen diesen blendenden Irrtum ausgesprochen.
- Schuchardt (1922), Pag. 274

Der Sprachforscher seinerseits ist nicht abgeneigt, den Anthropologen als Gesellschafter anzunehmen, aber gleichfalls nur unter der gewissen Bedingung. Die "glücklichen" Verbindungen sind ja stets nur die, in denen der eine Teil sich dem anderen völlig unterordnet. … In der Tat müssen die Untersuchungen über die Sprache und die über die Rasse ganz getrennt geführt werden; sie können an demselben Endpunkt einmünden, aber sie brauchen es nicht.
- Schuchardt (1922), Pag. 276

Eine klare Einsicht in die Veränderung der Sprache ist nur möglich, wenn wir nicht vergessen, dass sie im Grunde eine Veränderung der Sprechenden ist, aber nicht etwa in anthropologischem, sondern in ethnologischem Sinne. Dass die Rasse an sich einen unmittelbaren Einfluss auf die Sprache ausübe, ist unerwiesen.
- Schuchardt (1922), Pag. 277

Der Zusammenhang der Kultur mit einem Volk ist zwar nicht ein loser, aber ein lösbarer und ein solcher besteht, und in noch höherem Grade, zwischen den einzelnen Fächern der Kultur, wie Sprache, Glauben, Gesellschaftsordnung. Die Sprache nimmt zwar keine eigentliche Ausnahmestellung ein, ist aber doch durchschnittlich fester mit einem Volk verbunden als alle sonstige Kultur. Deshalb liebt man es, von der Sprache auf ein Volk zu schließen, wenn dessen Rasse uns noch unbekannt ist. Auf diesem Wege ist man noch weiter gegangen, bis zum Ende; man hat das Volk und die Sprache geradezu gleichgesetzt: die Sprache macht ein Volk, die Sprache ist das Volk […] Dadurch ist in viele Belangen eine heillose Verwirrung entstanden.
- Schuchardt (1922), Pag. 280

Der Satz "Die Sprache ist die Nationalität", hat manche missbräuchliche Anwendung erfahren. Es ist dies keine mathematische Gleichung, sonst könnte man überall den Ausdruck Nationalität eliminieren. Der schwankende Begriff der Nationalität hat nur an dem der Spracheinheit den festesten Anhalt […] Wären ferner Sprache und Nationalität ganz dasselbe, so müsste auch der Sprachverwandtschaft die Ähnlichkeit der Nationalität entsprechen. Stehen aber etwa die Walachen den übrigen Romanen so nahe wie das Walachische den andern romanischen Sprachen? Nein.
- Schuchardt (1922), Pag. 283

Die gegen die Sprachmischung aus dem Wesen der Sprache selbst geschöpften Verdikte kann ich nicht als rechtskräftig ansehen, weil mir […] die dabei verwertete Auffassung der Sprache als eines unabhängigen, von festen Gesetzen regierten Organismus eine unannehmbare zu sein scheint.
- Schuchardt (1922), Pag. 290

Eine Sprache braucht sich in ihrem Bau nicht zu verändern wenn sich das Volk seelisch verändert und nicht einmal wenn sie auf ein ganz anders geartetes Volk übertragen wird, und die eine Veränderung kann gar nicht gleichen Schritt mit der andern halten.
- Schuchardt (1922), Pag. 296

[…] wir uns darauf besinnen, dass die Sprache kein selbständiger Organismus ist, sondern eine gesellschaftliche Tätigkeit, und dass aller Widerstreit nicht in ihr, sondern zwischen den Sprechenden entsteht und vergeht.
- Schuchardt (1922), Pag. 313